Die Mär vom Reinheitsgebot

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Der Bayerische Herzog Wilhelm der IV. war es, der im Jahre des Herrn 1516 dem deutschen Biere seine Klasse gab. Legendär ist es, das Reinheitsgebot. Wasser, Gerste, Hopfen, Malz und Hefe. Sonst ist nichts im Bier zu finden. Eine Aussage, die von den Brauereien des Landes nur zu gern auf jede Flagge geschrieben wird. Das Deutsche Bier, meine Damen und Herren!

Kein Wunder, natürlich. Fand man im Mittelalter doch so ziemlich alles in dem Gebräu, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Blut, Gift, Kot, Baumrinde, Drogen – ganz egal. Bis der Bayernherzog auf den Tisch haute. Ab da war dann Ruhe im Karton.

Lebenswichtige Vitamine sind drin, ja, ja, Stoffe die gegen bestimmte Krebsarten helfen, hemmend wirken, Osteoporose hat’s dann schwieriger, und das Haar wird voller und für die Potenz ist’s auch gut und außerdem hilft’s Dir auf dem Feld beim umgraben.
Ein wahrer Zaubersaft also, das reine Bier Deutschlands.

… widmen wir uns nun der Realität.

Nach nur kurzem stöbern wurde ich auch schon fündig. Unter verschiedenen Artikeln zum Panschen fand ich einen besonders Hübschen, der sich nicht nur auf das Bier begrenzt, sondern allgemein auf Chemie in der Alltagsnahrung eingeht. Vom aromatisch duftendem Kunstbrötchen mit lecker-goldener Kruste von der Bäckerfiliale nebenan über das künstliche Pressobst in der tiefgekühlten und frisch aufgebackenen Apfeltasche bis zum, ja, dem deutschen Biere nach deutschem Reinheitsgebot.

Alle Naturprodukte altern. Bier ist da keine Ausnahme. Fünf Monate hat es im Schnitt, dann verketten Eiweiße und Gerbstoffe aus Hopfen und Gerste und lassen es leicht trübe werden. Fein sichtbare Schlieren im güldenen Gerstensaft? Igitt!

Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP) heisst das Zauberwort. Unangenehm viele, vor allem große Brauereien kippen diesen Kunststoff in den Sud. An dem sich daraus resultierendem Schleim binden sich all diese trübenden Bierbestandteile. In der Regel die aromastarken Gerbstoffe.

Man kann sich vorstellen, daß der Geschmack des Bieres davon nicht völlig unberührt bleibt. Der wird nicht nur ruiniert verschlechtert, der Matsch wird natürlich wieder ausgesiebt um dem Reinheitsgebot zu entsprechen (hah!). Wie sich jeder leicht vorstellen kann, eine Entfernung von 100% ist selbstverständlich nicht mehr möglich. Ein, sehr geringer, ja, Teil des Plastiks hat sich im Bier gelöst. Wenig genug, um dennoch vermarktet werden zu dürfen.

Analysen behandelter Pils-Biere wiesen den Kunststoff nach. Phantastisch, nicht?
Natürlich ist die Nahrungsmittel-High-Tech mit Plastik im Bier noch nicht am Ende. Weißbier benötigt logischerweise eine andere Behandlung. Hier finden sich gern andere Stabilisatoren, Absorberharze oder Gel.

Was schlussfolgern wir daraus? Ist die Mindesthaltbarkeit eures Bieres größer als fünf Monate, solltet ihr euch überlegen ob ihr eventuell nicht umsteigen wollt.

In diesem Sinne, liebe Leute: Prost.