Biobier – mit Biohopfen und Biomalz und ganz viel Bio

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„Unsinn!“, höre ich die aufgebrachte Menge. „Wir haben doch das Reinheitsgebot!“ Das stimmt. „Alles Geldmacherei! Am Besten wohl auch noch Biowasser!“, geht es da weiter. „Bier ist sowieso Bio!“

Leider ist das Quatsch. Bio ist mehr als „kein E312, E574, E243 und E687“ in den Inhaltsstoffen. Biogemüse ist immerhin auch nicht dasselbe wie die prall-rote, gespritzte, genbehandelte, faustgroße und geschmacksarme Riesentomate im Discounter um die Ecke.
Bio ist unbehandelt. Biohopfen und -malz kommen von unbehandelten, ungespritzten Feldern ohne irgendwelche genetischen Veränderungen. Zumindest offiziell, aber was will man machen. 😉

Pestizide und Kunstdünger sind aber noch lange nicht das einzige, was Bier vom Biobier unterscheidet. Des Bayernherzogs mittelalterliches Reinheitsgebot hat schon arg mit modernen Produktionsmethoden des Bierbrauens zu kämpfen. Mit Ionentauscher und Aktivkohlebehandeltes Wasser? Schwefel ist als Antioxidationsmittel für Hopfen und Malz zugelassen, Chemie als Lagerschutzmittel bei Gerste.
Statt Hopfendolden landet Hopfendoldenextrakt in der Sudpfanne, ist ja eh alles dasselbe, hergestellt sicher nicht durch biologische Verfahren. Chemische Lösemittel kitzeln den Extrakt aus der Pflanze.
Ist das Bier obergärig, kann es gezuckert werden. Eingefärbt wird es mit dem Zuckerlikör E150a.

Logischerweise setzen vor allem Großbrauereien auf Technik, um schneller und billiger größere Mengen zu produzieren. Aber auch kleine und regionale Brauereien sparen gern. Druck und Temperatur beschleunigen die gemächliche Gärung, Heißabfüllung macht es länger haltbar, um das Bier schön klar und noch haltbarer zu machen kippt man den euch inzwischen ja bekannten Polyvinylpolypyrrolidon hinein, bevor man ihn später wieder vom Bier trennt.
Und mit ein bisschen Glück sind sowie Enzyme als auch Mais, aus welchen man Glucosesirup herstellt worauf die Bierhefe wächst, beide genmanipuliert.

Und das alles im Rahmen des Reinheitsgebotes des deutschen Reinheitsgesetzes.

Ganz schön Bio, ne?

Ist euch jetzt der Appetit gründlich vergangen? Das wird euch zwar nicht schaden, muss aber gar nicht sein. An auf diese Weise hergestelltem Industriebier werdet ihr wohl nicht sterben. Der Geschmack vom Bier wahrscheinlich aber schon…
(Zugegeben, und ein bißchen Unwohlsein bei der Liste an Chemiepampf wird wohl nicht schaden.)

Biobierhalt ist eben tatsächlich Bio. Und nicht nur, weil es die Brauerei mit dem Handkarren zieht.

Widmen wir uns im nächsten Artikel einigen Sorten davon. Der Geschmack soll sich teilweise ja drastisch unterscheiden.
… im positiven, sagt man.